Tamedia-Leute in der Deutschschweiz: Streikt!

Die Tamedia-Zeitungen in der Romandie waren heute dünner als üblich. Nicht etwa, weil die Redaktionen nach dem Achtelfinal-Aus der Schweiz an der Fussball-WM einfach keine Lust mehr auf Produktion hatten.

Nein, die Tamedia-Redaktionen in der Westschweiz (mit Unterstützung von Impressum) sind in den Streik getreten. Gegen die Vereinheitlichung sämtlicher Tamedia-Titel, gegen den unnötigen Verlust von Arbeitsplätzen, gegen die schleichende Absage der Tamedia an den Journalismus. Aber primär: Gegen die drohende Schliessung der Zeitung “Le Matin”, mit der ein weiteres Stück Vielfalt Schweizer Journalismus verschwinden würde – und das ist besonders in der Romandie prekär.

Die Tamedia reagiert umgehend. Sie droht den Redaktionen unterschwellig mit der Kündigung des Gesamtarbeitsvertrags – der GAV sei nicht mit “dieser Aktion” vereinbar, schreibt sie in einer offiziellen Mitteilung. Journalist*innen auf Twitter wiederum sprechen ihren Kolleg*innen Unterstützung zu und empören sich ob der harschen Antwort von Tamedia. Zudem wurde intern eine E-Mail verschickt, in der Streikteilnehmenden mit der Entlassung gedroht wird, wie RTS-Journalist Rouven Gueissaz via Twitter bekanntgab.

Der Verband Medien mit Zukunft will den Kolleg*innen in der Romandie seinen Support und seine Solidarität aussprechen. Denn das Verhalten von Tamedia hat keine Zukunft.

  1. Die Drohung der Kündigung des GAV ist ein alarmierendes Zeichen für alle Journalist*innen. Guter Journalismus funktioniert nur mit guten Arbeitsbedingungen. Wer mit der Kündigung derselben droht, hat weder ein Interesse an Journalismus, noch an Fairness. Streik ist ein legitimes Recht aller Arbeitnehmer*innen gemäss Bundesverfassung. Mit ihrer Drohung untergräbt die Tamedia dieses Recht. Das kann nicht sein.
  2. Tamedia zeigt einmal mehr, dass sie ein primäres Interesse daran hat, ein Gemischtwarenladen zu sein und nicht für Journalismus einstehen will, solange sie trotz positiver Bilanzen keinerlei Titel quersubventionieren will. Und das, obwohl sie in Sachen Digitalisierung eigentlich sehr gut aufgestellt wäre. Leidtragende sind die Angestellten und die Medienvielfalt.
  3. Wie es Chantal Tauxe, Vizepräsidentin des VMZ und Redakteurin von Bon pour la tête formuliert: Die Medien der Zukunft existieren nicht, wenn alle Journalist*innen arbeitslos sind. Ohne Journalist*innen gibt es keinen Journalismus. Mit der Art und Weise, wie Tamedia mit ihren Angestellten umgeht, zeigt sie, wie sehr sie deren Arbeit schätzt: nämlich gar nicht. Das lässt folgenden Schluss zu: die Tamedia weiss wie schlimm es um ihren Journalismus steht. Da gibt es nichts mehr zu retten, nur noch den letzten Profit zu maximieren. So sieht ein sinkendes Schiff aus.
Datum: 2. Juli 2018
Illustration: Tran, Noun Project