Warum Fördergelder die Unabhängigkeit der Medien nicht gefährden

Ist Medienförderung tatsächlich eine Gefahr für die journalistische Unabhängigkeit? Die Wissenschaft spricht dagegen. 

von Robin Schwarz

Will die Schweiz ihr Mediensystem umkrempeln? In Bern läuft derzeit die Vernehmlassung zum neuen Mediengesetz. Dabei geht es aber nicht nur um die konkreten Inhalte der neuen Paragrafen – nein, darüber schwebt eine Grundsatzfrage, über die noch kein Konsens herrscht: Will die Schweiz überhaupt eine staatliche Förderung von Journalismus?

Eine der Gründe, worauf diese Frage fusst, ist ideologisches Bedenken. Die Befürchtung nämlich, dass journalistische Medien durch Fördermittel ihre Unabhängigkeit verlieren könnten. Besonders aus wirtschaftsliberaler Sicht ist staatlichen Fördermitteln zu misstrauen – je weniger sich der Staat einmischt desto besser.

Wissenschaft statt reiner Ideologie

Wir, der Verband Medien mit Zukunft, wollen, dass das unabhängige Mediensystem – als einer der tragenden Pfeiler der Demokratie – entgegen der aktuellen Trends stark bleibt und noch stärker werden kann. Wie dieses Ziel erreicht wird, ist uns deshalb einerlei. Nur dass es erreicht wird, das müssen wir sicherstellen. Nur deshalb gibt es uns. Nur deshalb haben wir Mitglieder.

Wir können es uns darum leisten, weder aus einer ideologischen, noch aus einer von eigenen wirtschaftlichen Interessen geleiteten Haltung zu argumentieren. Das heisst: Wichtig sind die Fakten. Sprächen die Fakten gegen Medienförderung, würden wir sie nicht unterstützen. Nur: sie sprechen keineswegs dagegen.

Medienrankings identifizieren die Unfreiheit

Die Befürchtung, journalistische Medien könnten durch Fördergelder ihre Unabhängigkeit verlieren, spiegelt sich nicht in wissenschaftlichen Erkenntnissen wieder. Zwei der wichtigsten Ranglisten zur Medienfreiheit zeigen deutlich, dass die Existenz von gebühren- oder förderfinanzierten Medien in keinster Weise mit Unfreiheit korreliert. Im Gegenteil. In sämtlichen Ländern, die absolute Spitzenplätze belegen, gibt es durch die öffentliche Hand finanzierte Medien. Dazu gehören vor allem die nordischen Länder – und auch die Schweiz.

 

Die Schweiz ist ganz schön frei: Screenshot des Medienfreiheitsrankings 2017 von Freedom House

 

Beide Studien betrachten dabei detailliert verschiedenste Faktoren der ökonomischen, politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen – bis zu Fragen nach der Möglichkeit der staatlichen Einflussnahme auf bestimmte Posten, der Transparenz der Vergabe der Radio- und Fernsehlizenz oder der Existenz und Höhe von Gebühren. Darauf, dass Gebühren einen Einfluss auf die Unabhängigkeit und somit auf die Medienfreiheit haben, gibt es keinen konkreten Hinweis. Gäbe es dennoch einen Einfluss, wäre er verschwindend gering. Und: je besser das gesetzliche Umfeld (sprich Checks & Balances) desto geringer auch das Einflusspotenzial.

Im Bezug auf die staatliche Medienförderung ist die wichtigste Erkenntnis aus diesen Studien, dass die Existenz von Förder- und Gebührengeldern tatsächlich nur ein kleiner Einflussfaktor auf die Medienfreiheit und Unabhängigkeit. Und dazu ein scheinbar unbedeutender.

Die wahre Bedrohung: Medienkonzentration

Tatsächlich sieht das Ranking von Reporter ohne Grenzen die grössten Bedrohungen der Medienfreiheit im zum Beispiel lange Jahre bestklassiertesten Finnland nicht in der Existenz von öffentlich geförderten Medien, sondern in der Medienkonzentration. Alle wichtigen nationalen Medien Finnlands befinden sich im Besitz von gerade einmal drei Haupteigentümern. Dasselbe Problem beklagt ROG auch in der Schweiz. ROG bedauert das Verschwinden kleiner Verlage aufgrund der Macht der grossen Medienkonzerne. Von einer durch öffentliche Gelder vermeintlich in ihrer Unabhängigkeit gefährdete SRG – keine Spur.

Immer eine mächtige Bedrohung sind diejenigen, die sich nicht an die vereinbarten Regeln halten: Also Autokraten und solche, die auf dem besten Weg dazu sind, solche zu werden. Denn sie scheren sich nicht um Checks & Balances, sondern werfen sie gezielt über den Haufen. Medienförderung spielt dabei keine Rolle mehr.

Als letzter Nagel im Sarg der Fördergelder-Mär dürfte in der Schweiz das Jahrbuch Qualität der Medien von der Universität Zürich sein. Die gebührenfinanzierte SRG belegt mit ihren Produkten seit Jahren regelmässig Spitzenplätze. Sie belegt drei der ersten vier von insgesamt 18 Plätzen in der Kategorie Medientypen. Das ist deutlich.


Zusammenfassend: Die Existenz von öffentlich finanzierten Medien korreliert weder mit einer tieferen Medienfreiheit noch erweisen sich die Inhalte solcher Medien als qualitativ schlechter. In beiden Fällen gilt sogar eher das Gegenteil.

Die Befürchtung, mit einem neuen Mediengesetz und damit eventuell indirekter oder direkter Medienförderung, würde Unfreiheit in die Schweizer Medienlandschaft ziehen, ist unbegründet.